Herbsttagung der Justizministerkonferenz unter dem Vorsitz von Baden-Württemberg erfolgreich zu Ende gegangen
Datum: 12.11.2015
Kurzbeschreibung: Justizminister Rainer Stickelberger: „Wichtige rechtspolitische Diskussionen angestoßen“ - Dank an die Fachminister der Länder und des Bundes
Die Herbsttagung der 86. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister der Länder ist unter dem Vorsitz von Baden-Württemberg am Donnerstag (12. November 2015) erfolgreich zu Ende gegangen. Justizminister Rainer Stickelberger zeigte sich mit den Ergebnissen in der baden-württembergischen Landesvertretung in Berlin sehr zufrieden. „Ich danke den Fachministern des Bundes und der Länder für die engagierten und sachkundigen Beratungen. Gemeinsam haben wir wichtige rechtspolitische Diskussionen angestoßen", sagte der Minister.
Ein zentrales Thema der Beratungen waren die aktuellen
Herausforderungen in der Flüchtlingspolitik. Stickelberger
wies darauf hin, dass man vor dem Hintergrund der stark steigenden
Zahl von Flüchtlingen nach Deutschland intensiv die
strafrechtlichen Bestimmungen im Aufenthaltsrecht erörtert
habe. „Im Zentrum stand dabei die illegale Einreise von
Flüchtlingen. Nach der derzeitigen Rechtslage verwirklicht
fast jeder Flüchtling durch den bloßen
Grenzübertritt nach Deutschland einen Straftatbestand, da die
meisten ohne Papiere und aus einem sicheren Drittstaat einreisen.
Dies führt zu einer Vielzahl von Verfahren und damit zu einem
erheblichen Aufwand, auch wenn viele Verfahren mit Blick auf die
Genfer Flüchtlingskonvention wieder eingestellt werden",
erläuterte der Minister. Auf Vorschlag von
Baden-Württemberg hat die Justizministerkonferenz beschlossen,
dass der Strafrechtsausschuss sowie eine bereits zum Asylrecht
eingesetzte Arbeitsgruppe die maßgeblichen Strafvorschriften
des Aufenthaltsgesetzes im Lichte ihrer Anwendung in der Praxis auf
Änderungsbedarf prüfen werden. „Was wir brauchen,
ist eine gründliche und ergebnisoffene Überprüfung
der aktuellen Vorschriften. Diese haben wir heute gemeinsam auf den
Weg gebracht", so Minister Stickelberger.
Auf Initiative von Baden-Württemberg wurde außerdem
über eine mögliche Reform bei der Zuständigkeit der
Amtsgerichte in Zivilrechtsstreitigkeiten beraten. Seit 1993 liegt
die maßgebliche Zuständigkeitsgrenze bei 5.000 Euro. Wird
dieser sogenannte Streitwert überschritten - etwa bei einer
Klage auf Zahlung eines Kaufpreises von mehr als 5.000 Euro -, sind
nicht mehr die Amtsgerichte, sondern die Landgerichte
erstinstanzlich zur Entscheidung des Rechtsstreits zuständig.
„Ich stehe für den Erhalt und die Stärkung auch der
kleinen Amtsgerichte. Unsere 108 Amtsgerichte in
Baden-Württemberg leisten hervorragende Arbeit und sichern
auch in der Fläche eine bürgernahe, moderne und
leistungsfähige Justiz. Daher sehe ich mit einer gewissen
Sorge, dass den Amtsgerichten durch die allgemeine Preisentwicklung
und fehlende Anpassungen des Zuständigkeitsstreitwerts eine
mittlerweile nicht unerhebliche Zahl an Verfahren abhandenkommt"
sagte Minister Stickelberger. Die Justizministerkonferenz hat sich
hier für eine ergebnisoffene Überprüfung
ausgesprochen, die auch die Möglichkeit einer Dynamisierung
untersuchen soll. „Der heutige Beschluss ist der Startschuss
für eine umfassende Untersuchung der aktuellen
Zuständigkeitsstreitwerte. Mit Unterstützung der
Justizministerkonferenz wird Baden-Württemberg nun diese
Prüfung vorbereiten. Auch das Bundesjustizministerium und die
Anwaltschaft sind eingeladen, ihre Vorstellungen einzubringen", so
der Minister.
Weiteres Thema des Vorsitzlandes der Justizministerkonferenz war
unter anderem die Frage einer geeigneten Rechtsform für
bürgerschaftliches Engagement. „Bei vielen ehrenamtlichen
Initiativen, etwa beim Betrieb eines Dorfladens oder der
Einrichtung einer Kindertagesstätte, stehen engagierte
Bürgerinnen und Bürger vor der Frage, wie sie ihr
Engagement auf sicherer Rechtsgrundlage und ohne persönliches
Haftungsrisiko organisieren können. Bislang hat das geltende
Recht hierfür keine angemessene Lösung parat",
erläuterte Justizminister Rainer Stickelberger. Das
Bundesjustizministerium hat in den Beratungen nun angekündigt,
zeitnah geeignete Vorschläge für Erleichterungen dieses
ehrenamtlichen Engagements zu erarbeiten. „Diesen Prozess
werden wir gerne eng und konstruktiv begleiten", sagte
Stickelberger und dankte dem Bundesjustizministerium für die
angekündigte Initiative.
Zum kommenden Jahr wird Brandenburg den Vorsitz der
Justizministerkonferenz von Baden-Württemberg übernehmen.
„Meinem Amtskollegen Dr. Helmuth Markov wünsche ich
für das anstehende Vorsitzjahr viel Freude und Erfolg. Ich bin
fest überzeugt davon, dass wir auch in Brandenburg
hervorragende Tagungen mit hochspannenden Themen erleben werden",
sagte Minister Stickelberger.
Sämtliche Beschlüsse der
Justizministerkonferenz, auch zu den durch die anderen Länder
angemeldeten Themen, sind auf der Internetseite des
Justizministeriums Baden-Württemberg eingestellt (www.jum.baden-wuerttemberg.de).
Weitere Informationen zur
Justizministerkonferenz: Die Konferenz der
Justizministerinnen und Justizminister der Länder, kurz
Justizministerkonferenz (JuMiKo), dient dazu, justiz- und
rechtspolitische Vorhaben der Bundesländer zu koordinieren und
abzustimmen. Sie ist eine ständige Einrichtung, an der die
Justizministerinnen und Justizminister der 16 Bundesländer
mitwirken. Unter Beteiligung des Bundesministeriums der Justiz und
für Verbraucherschutz tagt die Justizministerkonferenz zweimal
im Jahr. Der Vorsitz der Konferenz wechselt jährlich zwischen
den Bundesländern.